2012 mit dem Ehrenburschenband
Die ihn länger kannten - bei mir sind es 54 Jahre - durften ihn 'Pifka' nennen ( ein Anagramm seines Namens). Er ging davon am 8. Juli 2012, einen Tag nach seinem 105. Geburtstag, ein Alter, das
in der Gründungslandsmannschaft Teutonia Bonn einmalig ist. Geboren 1907 wurde Kuhlmann nach dem Schulbesuch und vielen sportlichen Aktivitäten in seiner Heimatstadt Lage und dem Abitur in Detmold im Jahr 1928 - der Zeit hoher Arbeitslosigkeit
- als Student der Geodäsie aktiv bei der Landsmannschaft Tuisconia Bonn, da es 1875 eine Spaltung bei Teutonia gegeben hatte, was in der damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches war, wodurch Name und Farben vom neugegründeten Kösener
Corps Teutonia mitgenommen wurden. Kuhlmann musste sich - aus dem Lehrerhause das schon gewohnt - dem strengen Diktat eines FM Sterneborg beugen, der auch als Leibbursch keine Ausnahme gelten ließ: Solch eine Erziehung prägte. Die schwierige
wirtschaftliche Lage Deutschlands prägte zusätzlich auf ganz andere Weise: Man war in keiner Weise so mobil wie heute, hatte vielleicht ein Fahrrad oder fuhr selten mit der Bahn. Das tägliche Leben beschränkte sich neben dem Studium
vor allem auf die Mahlzeiten, diese meistens auf dem Haus, und vielleicht das Bierchen im "Hähnchen", der auch heute noch bekanntesten Bonner Studentenkneipe. Die Besetzung des Rheinlandes - die andere Seite des Rheins jenseits der
Kaiser-Wilhelm-Brücke von Bonn her (also Beuel) durfte damals nicht betreten werden - lag zwar schon zurück, doch die Verhältnisse waren alles andere als rosig. Gefochten wurde in diesen Jahren jedoch unendlich viel, es gab jeden Samstag
den Mensurtag und jedes Mal standen nicht wenige Partien an, es war der gängige Zeitvertreib. Während der Semesterferien seines Vermessungsstudiums arbeitete Kuhlmann als Messgehilfe bei einem Tageslohn von 15 RM! Nach seiner 1.
Staatsprüfung für Vermessungsingenieure in Preußen im Jahr 1932 absolvierte er eine vierjährige (!) Referendarzeit in Herford, Bielefeld, Gütersloh, Minden und Münster, in der er keinen Unterhaltszuschuß erhielt, da
er im Elternhaus lebte. Als apl. Regierungs-Landmesser war Bbr Kuhlmann nach seiner 2. Staatsprüfung im Bereich Umlegung für die Reichsautobahn Ruhrgebiet - Hannover tätig. Den Krieg erlebte er von Anfang bis Ende vor allem im
Sudetenland, wo er auch im vermessungstechnischen Einsatz war. Seine Landsmannschaft Teutonia Bonn war für Bbr Kuhlmann etwas, woran er ohne wenn und aber hing, was nicht ausschloß, dass er ggf. Kritik an auftretenden Missständen
übte. Wir sind stolz darauf, dass wir ihn über 170 Semester unseren Bundesbruder nennen durften, ein einzigartiger Tatbestand. Am 19. Mai d. J. konnte die Aktivitas ihm noch das Band eines Ehrenburschen verleihen, wobei er
nachmittags zwei Stunden munter dabei war. Wir sind traurig, dass er uns nun verlassen musste und wünschen seiner ihn immer so wunderbar versorgenden lieben Frau viel Zuversicht und weiterhin gute Gesundheit.
Dr. Jörg Kujaw, Teutonia Bonn et Palaeomarchia Halle
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Paul Fritz Kuhlmann (Mitte links) auf dem Semesterbild Sommersemesters 1930, Aktivitas der L! Tuisconia
(Foto von Theo Schafgans, heute Rathausgasse 9, 53111 Bonn)
obere Reihe v.l.n.r.: 811 Grüttner, 813 Thunert, 808 Oppermann, 738 Gerhard Müller VIII, ?, 814 aus dem Bruch,
820 Roloff, 782 Albert, 812 Kulle
Mitte: 783 Paul Fritz Kuhlmann, 781 Hüsselmann, (825 Emminghaus), 817 Klein, 786 Stuckensen, 791 Crysandt, 756 Hilgert,
sitzend: 754 Breuer, (810 Goliberzuch), 755 Herbst, 785 Mewes, (809 Meine)
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