Geschichte der L! Teutonia Bonn von 1844 im CC |
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Gründungsbild der Landsmannschaft Teutonia Bonn von 1844 am
Foveaux-Häuschen
Dieses Aussichtshäuschen wurde 1820 vom Kölner Tabakfabrikant Heinrich Josef Foveaux, der am Rhein einen Sommersitz hatte, erbaut. Dort genossen Wanderer und Studenten zur Zeit der Rheinromantik den Blick auf das
Siebengebirge und ins Rheintal. Es liegt am Foveauxweg auf dem dem Ortsteil Küdinghoven zugehörigen westlichen Plateau des Ennert-Bergs.
Die Landsmannschaft Teutonia Bonn wurde am 9. März 1844 in Bonn gegründet, das damals 15.000 Einwohner inkl. 750 Studenten und 650 Mann Besatzung hatte. Die L! Teutonia gehört damit zu
den ersten Neu-Landsmannschaften, deren Ziel die Gleichberechtigung aller ehrsamen Studenten war. Dafür wird synonym der Begriff "Progreßverbindung" verwendet. Die zehn Gründer kamen vom Corps Rhenania Bonn (Johann Adolph Albrecht Erlenmeyer I, Gustav Alexis Eschborn und Karl Friedrich Reinhold Fock), der Burschenschaft Fridericia (Karl Berthold von Goßlar und Ludwig Wenzel) und der Gruppe der Nichtkorporierten (Franz Friedrich Wilhelm Goecke, Georg Friedrich Wilhelm Mayer, Leopold Müller, Julius Ernst Diesterweg und Fritz Strahl).
"neminem time, neminem laede" lautet der Wahlspruch, den damals - 26 Jahre nach Gründung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität - die Stifter zum Grundprinzip des entstandenen Lebensbundes machten. Niemanden zu
fürchten (neminem time), also die Freundschaft nach innen als Schutz gegen Schwierigkeiten von außen, gilt den Mitgliedern der Landsmannschaft Teutonia heute ebenso als Grundprinzip wie der Anspruch, niemanden vorsätzlich zu kränken
(neminem laede). Dazu gehört auch die Toleranz gegenüber Andersdenkenden.
Sie alle stellten sich gegen den Alleinvertretungsanspruch der Corps, gegen die Politisierung durch die Burschenschaften und gegen die Verachtung der Nichtkorporierten. An ihre Mitglieder stellten sie die Forderung, stets ehrbar zu handeln und sich im
Studium gegenseitig zu unterstützen; das um sich greifende Mensurunwesen sollte durch Ehrengerichte wieder zurückgedrängt werden. Diese Forderung brachte Gegnerschaft, aber auch Ansehen. So war unter den drei Vertretern der
Universität Bonn beim Allgemeinen Deutschen Studententag 1848 auf der Wartburg auch ein Teutone.
Das Lavieren zwischen den beiden Korporationsblöcken in Bonn führte dazu, dass man sich mal dem einen, mal dem anderen enger verbunden fühlte. Da in Bonn Teutonias
Bemühungen erfolglos blieben, ihre Prinzipien durchzusetzen, suchte man gleichgesinnte Korporationen in Deutschland. Diese fand man in der Landsmannschaft Torgovia Halle, mit der 1856 ein Freundschaftsvertrag abgeschlossen wurde. Dieser Vertrag ist
als erster Schritt zur Gründung des Allgemeinen Landsmannschafter-Verbands (heute Coburger Convent) anzusehen. Von 1858 bis 1863 bestand ein sog. "Goldenes Kartell/Silbernes Kartell" mit den Mitgliedern
Gothia Königsberg, Teutonia Bonn, Torgovia (Teutonia)-Halle. Während der erste Versuch in den 50er Jahren scheiterte, da die anderen Bünde eher den Schutz der Corps oder Burschenschaften suchten, gelang am 1. März 1868 - zusammen mit
vier anderen Landsmannschaften - die Gründung des Allgemeinen Landsmannschafter-Convents in Kassel und Zwingenberg im Gasthaus zum bunten Löwen. Für das auch als Postkarte bekannte Bild fuhren die Vertreter übrigens nach Heidelberg, da das in Zwingenberg nicht möglich war.
Seit 1868 führt Teutonia daher den Ehrennamen "Gründungslandsmannschaft".
Diese 5 Landsmannschaften waren mit ihren Vertretern vlnr.: Teutonia Halle (Griehl x), Verdensia Göttingen (Wytzes xxx), Makaria
Würzburg (Wiemann xx und Maier x, ganz rechts), Teutonia Bonn(Erlenmeyer II x) und Ghibellinia Tübingen (Faul x)
Deutscher LC zu Zwingenberg 1868: in der Mitte sitzend der Teutone Friedrich Albrecht Erlenmeyer II. Anmerkung: der Erstchargierte bei Verdensia ist xxx)
Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71, der unserem Vaterland die langersehnte Einheit brachte, nimmt drei Bundesbrüder aus unserer Mitte, die ihr
berufliches Leben gerade erst begonnen hatten, unter ihnen zwei Ärzte. Der junge Praktische Arzt Dr. med. Engelbert Esch fiel mit 32 Jahren bei St. Quentin/Frankreich am
20.02.1871. Ebenda fiel am 19.01.1871 der 27-jährige Referendar Friedrich Clemens Cadenbach. Der Arzt Dr. med. Johann Clemens Böse - Leibbursche von Erlenmeyer II - erlag mit 24 Jahren seinen Kriegsverletzungen am 16.01.1871 in seiner Heimat
Altenhellefeld/Sundern.
1875 kam es zu Streitigkeiten im Allgemeinen Landsmannschafter-Verband, unter deren Eindruck die Aktivitas der Teutonia Bonn Corps im SC wurde. Am 9. März 1875, dem 31. Stiftungstag, tritt die Aktivitas
trotz energischen Protests der Altherrenschaft zum KSCV**) über. Die Aktivitas nimmt Farben, Namen, Zirkel und Inventar mit. Versuche seitens der Altherrenschaft und der verbliebenen
Aktiven Peter Koch (#258 EV) und Robert Kalthoff (#278), durch Aufruf des Universitätsrichters zu intervenieren, bleiben erfolglos.
Die L! Teutonia muss vertagen. Da nur zwei aktive Mitglieder der Landsmannschaft Teutonia treu blieben, mußte die L!
Teutonia 1875 suspendieren. Nachdem 1893 das Corps Teutonia aus Nachwuchsmangel suspendieren musste, kehren die Aktiven nach 18 Jahren zu den landsmannschaftlichen Prinzipien zurück. 1894 kommt es unter großen Mühen zur Wiederherstellung
der Landsmannschaft als Palaio-Teutonia mit "von unten zu lesenden Farben" (siehe Abb.). Doch schon nach vier Jahren traten Aktive wiederum zum SC über.
Dem Einsatz derjenigen Alten Herren, die dem landsmannschaftlichen Gedanken verbunden geblieben waren, namentlich Dr. Dr. Otto Nelte (et Zaringia Heidelberg) und der Unterstützung durch befreundete
Bünde ist es zu verdanken, dass am 25. Juni 1908 die Landsmannschaft rekonstituiert werden konnte, allerdings gezwungenermaßen unter dem Namen Tuisconia, da das Corps
Teutonia noch existierte. Die L! Tuisconia gehörte natürlich dem Verband "Deutsche Landsmannschaft (Coburger L.C.)" an und wurde von diesem ausdrücklich als "Gründungslandsmannschaft mit dem Stiftungsdatum
9.3.1844" anerkannt4). Die Farben der Landsmannschaft Tuisconia waren grün-rot
auf weißem Grund mit breiter goldener Perkussion (mit silberner Perkussion sind es die Farben des Coburger Convents).
Burschenband
L! Tuisconia Bonn |
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Fuchsenband
L! Tuisconia Bonn |
Nach einer relativ friedlichen Belle Époque und einem Flottenwettrüsten eskalierten 1914 die Rivalitäten der europäischen Mächte zum Ersten Weltkrieg der Mittelmächte gegen die Entente.
Bald danach bricht der erste Weltkrieg aus, der einen schrecklichen Blutzoll fordert. Die Aktivitas der Tuisconia wird bitter von den Folgen des I. Weltkriegs getroffen. Im ersten Weltkrieg 1914-1918 fallen 54 Bundesbrüder, 27 der L!
Tuisconia und 27 der L! Nassovia. Darunter sind viele junge Studenten, die namentlich und ggf. mit Verbindung (Nassovia, Tuisconia) in dem Verzeichniß der Gefallenen der Universität Bonn aufgeführt
sind.2) Der Bund ist personell fast am Ende. Das Kaiserreich zerbricht, die Republik entsteht, die schweren Inflationsjahre sollen noch folgen. Trotzdem ist Tuisconia mit 3 Burschen und 17 Füxen im Sommersemester 1919 die stärkste
schlagende Verbindung in Bonn.
"In der Kaiserzeit von 1871 bis 1914 erlebten die Verbindungen ihre Blutezeit. In Bonn z.B. waren am Ende des 19. Jahrhunderts mehr als 60 Prozent der Studenten in
Korporationen." (Quelle: Gabriele Dörflinger Studentenverbindungen in Heidelberg ein Stadtrundgang Universitätsbibliothek Heidelberg 2017, Seite 8
https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/23662/1/StudHaus.pdf
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Wappendetail der L! Hercynia Bonn
Am 17. Mai 1919 verschmilzt die L! Tuisconia mit der L! Hercynia Bonn*). 1919/20 hat Tuisconia nun 61 Alte Herren, 21 inaktive Burschen , 25 aktive
Burschen und 21 Füchse. 1920 steht im Taschenbuch der DL "Kneipe und Briefablage: Hotel Kaiserhof, Poppelsdorfer Allee 114, Frühschoppenlokal: Gasthaus Hähnchen". Am 2. Februar 1920 kauft die neugegründete
Hausbau-Genossenschaft das heutige Haus in der Riesstraße 11 für 71.000 Mark.
Das Haus wurde 1897 gebaut und bis dahin als Mietshaus genutzt. Erst nach Ablauf der alten Mietverhältnisse konnten alle Räume für den Bund genutzt werden, jedoch wird bereits 1921 das erste Stiftungsfest
auf dem neuen Haus gefeiert. 1925 wird ein großer
Umbau getätigt, bei dem der Kneipsaal sein heutiges Aussehen erhielt. Stilistisch orientiert man sich dabei am Festsaal der Burg Eltz. 1926 beginnt eine Blütezeit der Tuisconia. Im Sommersemester 1926 können neun und im Sommersemester 1927
zehn Füxe gewonnen werden. Tusiconia hat 1927 97 Alte Herren. Die Aktivitas der Tuisconia 1927 ist links auf dem historischen Photo zu sehen. Nach zähem Ringen mit dem Corps Teutonia wird der Landsmannschaft Tuisconia 1934 auch gestattet, wieder ihren alten Namen zu führen. Sie heißt ab diesem Zeitpunkt
wieder L! Palaio-Teutonia, also die (gute) alte Teutonia. In den Jahren der Weimarer Republik blühen die Studentenverbindungen auf, entgehen aber dann nicht der Auflösung durch die
Nationalsozialisten. Am 19. Januar 1935, unter dem Druck der Gegebenheiten fusionierte die befreundete L! Teutonia Köln mit der L! Palaio-Teutonia Bonn. Am 16. Mai 1935
muss sich die aktive Landsmannschaft Palaio-Teutonia auf Druck des Nationalsozialismus auflösen. In einem Mitgliederverzeichniß vom 1.10.1936 stehen 205 Alte Herren und 34 Verkehrsgäste. Nach der Zwangsauflösung 1935 konnte ein
minimales Korporationsleben im Rahmen der Kameradschaft »Friedrich Friesen«, zusammen mit der Landsmannschaft Nassovia und der Turnerschaft Cimbria, aufrechterhalten werden. Unser 100. Stiftungsfest
fällt in das Jahr 1944, wahrlich kein Grund zum Feiern.
Der zweite Weltkrieg endet in einer Katastrophe. Deutschland wird geteilt und wiederum werden mit 39 Toten große Lücken in unseren Bund gerissen. Aber die Landsmannschaft Palaio-Teutonia gibt nicht auf.
Am 5. November 1949, im Gründungsjahr der Bundesrepublik Deutschland, verschmelzen im Gasthaus "Zum Ännchen" in Bad Godesberg, bekannt aus dem Lied "Lindenwirtin, Du Junge", die Altherrenverbände der Palaio-Teutonia, der 1913
gegründeten L! Teutonia Köln und der L! Nassovia. Gleichzeitig kann auch wieder eine Aktivitas aufgemacht werden. 18 aktive Burschen, fast alle Kriegsteilnehmer,
werden in unserem Bund aufgenommen. Die Landsmannschaft Teutonia führt den Namen und die Tradition der älteren Verbindung fort, unsere Farben rot-schwarz-gold
sind die der 1882 gestifteten Neuphilologischen Verbindung Nassovia, die 1920 der DL beigetreten war. Da 1949 die Mützenform nicht festgelegt wurde, tragen die Teutonen anfangs die rote Hinterkopfcouleur der Nassovia. Heute wird die rote Mütze
im alten Biedermeierformat der Teutonia getragen. Am 15.03.1951 hat Teutonia 341 Mitglieder. 297 AH, 17 iaB,15 aB und 9 Brandfüchse (BF). 1951 wurde unter maßgeblicher Mitwirkung des Alten Herrn Teutoniae, Ferdinand Ernst Nord, der Coburger Convent der Landsmannschaften und Turnerschaften an Deutschen Hochschulen als Nachfolger der vorher getrennten Verbände gegründet.
Die Landsmannschaft Teutonia wächst, blüht und gedeiht und hat per 01.03.1952 361 Mitglieder (308 AH, 25 iaB, 16 aB, 12 BF), per 15.02.1956 sogar 409 Mitglieder (336 AH, 53 iaB, 14 aB, 6 BF).
Weiteres auf: www.TeuBo.de
Anmerkungen:
*) Die L! Hercynia wurde gestiftet 6.2.1869 in Greifswald als westfälische Verbindung Drümelia (grün-weiß-schwarz) mit dem Wahlspruch "Das Edle und das Schöne - die Wahrheit
und die Ehr !", WS 1885 suspendiert und 3.12.1895 in Bonn als Rheno-Ostfalia (grün-weiß-violett; grüne, später violette Mütze) rekonstituiert. Seit SS 1904 freie Landsmannschaft mit
den Farben rot-weiß-gold und seegrüner Mütze. Die Landsmannschaft Hercynia Bonn wurde Pfingsten 1910 Mitglied des Allgemeinen
Landsmannschafter Convents (ALC) auf der Marksburg.
**) das Corps Teutonia war vom 9.3.1879 bis 6.10.1880 sowie vom 8.5.1893 bis 28.4.1898 suspendiert
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